Titel: Der Uhrmacher in der Filigree Street
Autor: Natasha Pulley
Übersetzer: Jochen Schwarzer
Verlag: Hobbit-Presse
Seiten: 445
gebundene Ausgabe
Klappentext:
Sein Leben lief ab gleich einem Uhrwerk. Bis er dem Uhrmacher begegnete.
»Der Uhrmacher in der Filigree Street« erzählt eine mitreißende, phantastische Geschichte um eine rätselhafte Uhr und einen ebenso spektakulären wie unmöglich aufzuklärenden Bombenanschlag auf Scotland Yard. Das Buch nimmt die Lesenden mit auf eine Reise durch das viktorianische England und das Japan des 19. Jahrhunderts und es eröffnet Türen in eine ganz andere, seltsame und magische Vergangenheit.
London, Oktober 1883. Eines Abends kehrt Thaniel Steepleton, ein einfacher Angestellter im Innenministerium, in seine winzige Londoner Mietwohnung heim. Da findet er auf seinem Kopfkissen eine goldene Taschenuhr. Es ist ihm ein Rätsel, was es mit ihr auf sich hat. Sechs Monate später explodiert im Gebäude von Scotland Yard eine Bombe. Steepleton wurde gerade rechtzeitig gewarnt, weil seine Uhr ein Alarmsignal gab. Nun macht er sich auf die Suche nach dem Uhrmacher und findet Keita Mori, einen freundlichen, aber einsamen Mann aus Japan. So harmlos Mori auch scheint, eine Kette von unheimlichen Ereignissen deutet schon bald darauf hin, dass er etwas zu verbergen hat ...
„Ich weiß so gut wie nie, was du sagen wirst. Du änderst deine Meinung zu oft.“ (S. 439)
Dieses Buch, so gefesselt ich davon auch war, hat mich vor allem verwirrt zurückgelassen. Von all den Personen scheint der Protagonist Thaniel Steepleton trotz seines Namens der Vernünftigste zu sein.
Nathaniel Speepleton möchte Thaniel genannt werden, weil sein Vater ebenfalls diesen Namen trug und von allen Nat gerufen wurde. Er arbeitet als Telegrafist im Innenministerium, hat ein Zimmer gemietet und ist ebenso grau, wie London für gewöhnlich. Mit seinem Geld unterstützt er seine verwitwete Schwester und ihre zwei Söhne. Sein Alltag besteht aus dem Weg zur Arbeit, der Arbeit an sich, und ein paar Stunden Schlaf. Bis er eines Tages, zufällig sein Geburtstag, eine Taschenuhr auf seinem Bett findet, die sich nicht öffnen läßt. An diesem Tag wurde ebenfalls eine Bombendrohung für das nächste Jahr im Mai ausgesprochen.
Am letzten Tag im Mai befinden sich die meisten Mitarbeiter des Innenministeriums in einer Bar, als Thaniels mysteriöse Taschenuhr plötzlich einen Alarm ausstößt. Daraufhin verläßt er das Gebäude und übersteht so die Explosion von Scotland Yard fast unbeschadet. Da dies kein Zufall sein kann, sucht er den Erbauer der Taschenuhr auf, und das Schicksal nimmt seinen Lauf.
Der Uhrmacher in der Filigree Street heißt Mr. Mori und ist ein Japaner mit blond gefärbtem Haar und einem Laden voller phantastischer Dinge. Am amüsantesten ist sein kleiner Oktopus, der gänzlich aus Uhrwerken besteht und sich bewegt, als wäre er lebendig. Mr. Mori antwortet auf Fragen, die ihm noch nicht gestellt wurden und hat manchmal seltsame Angewohnheiten. Zum Beispiel hat er am Abend, als Thaniel ihn das erste Mal aufsucht, bereits zwei Tassen Tee fertig. Da Thaniel ihn zunächst als Bombenbauer verdächtigt, beschließt er ihn eine zeitlang als sein Untermieter zu beschatten. Doch schnell freundet er sich mit diesem seltsamen Orientalen an.
Grace Carrow ist eine Wissenschaftlerin. Da sie aber auch eine Frau ist, werden gewisse Dinge von ihr verlangt. In diesem Fall darf sie erst in das Haus ihrer verstorbenen Tante ziehen, wenn sie einen Mann geheiratet hat und sie eine gesittete Ehefrau ist. Durch einen Zufall begegnet die Thaniel und hat einen verwegenen Einfall.
„Er hätte sich nur, wie schon so oft, zu sagen brauchen, dass Mori, wie die Schwerkraft und Ehefrauen, zu den Phänomenen zählte, denen man am besten blind vertrauen und sie nicht übermäßig hinterfragen sollte.“
(S. 314)
Zu Beginn gibt es drei Erzählstränge: die ersten beiden führen Thaniel und Grace in die Geschichte ein, jeder in seinem Leben in London oder Oxford. Sobald Thaniel auf Mr. Mori trifft, erscheint ein dritter Strang über dessen Vergangenheit. Alle drei werden durch Gespräche, Entscheidungen und Handlungen sehr gut beschrieben.
Ihre Zusammentreffen untereinander sind allerdings verwirrend, nicht zuletzt, weil der Uhrmacher ein zerstreuter Charakter ist, der nur das Nötigste sagt, Fragen manchmal einfach überhört und stattdessen Gedanken beantwortet. Die Dialoge zwischen ihm und Thaniel wirken unvollständig, wohingegen die Dialoge mit Grace grundsätzlich schwierig sind, manchmal sogar unverständlich. Sie ist eine wirklich anstrengende Person, mit Entscheidungen, die ich nicht begreifen kann. Ich verstehe ihre Sorgen bezüglich Mr. Moris Fähigkeiten nicht und kann den dritten Teil des Buches überhaupt nicht nachvollziehen.
Nicht nur die Aufmachung von Der Uhrmacher in der Filigree Street ist ansprechend, sondern auch das Umfeld der Geschichte. Die viktorianische Zeit spricht mich sehr an, vor allem mit gewissen Steampunk-Elementen. Hier sind es statt Dampfbetriebenen Maschinen die Uhrwerke, die sehr präsent und ihrer Zeit voraus sind.
Spoiler zu Seite 364
Bis zum dritten Abschnitt des Buches habe ich mich wunderbar unterhalten gefühlt, war in der Geschichte drin und gespannt, wer nun der Bombenbauer ist und inwiefern Mori dort seinen Teil beiträgt. Anschließend war ich nur noch verwirrt und obwohl am Ende ziemlich viel aufgeklärt wurde, nicht nur die Identität des Bombenbauers, hatte ich doch das Gefühl, eine Menge nicht verstanden zu haben.
Kommentar schreiben