Titel: Das Mädchen, das in der Metro las
Autor: Christine Féret-Feury
Übersetzer: Sylvia Spatz
Verlag: Dumont
Seiten: 175
Taschenbuch
Klappentext:
Jeden Morgen sitzt Juliette in der Metro auf dem Weg zu ihrer eintönigen Arbeit in einem Maklerbüro und taucht ein in die Welten ihrer Romane. Mal begibt sie sich mit Marcel Proust auf die Suche nach der verlorenen Zeit, mal begleitet sie Hercule Poirot im Orientexpress Richtung Istanbul - manchmal beobachtet sie auch einfach die Menschen um sich herum, die in ihre Lektüre vertieft sind. Es sind die Bücher, die Juliettes Leben Farbe verleihen. Als sie eines Tages beschließt, zwei Stationen früher auszusteigen, begegnet sie dem schrulligen Soliman, der mit seiner Tochter Zaïde inmitten seiner Bücherstapel lebt. Soliman glaubt, dass jedes Buch, wenn es an die richtige Person übermittelt wird, die Macht hat, ein Leben zu verändern. Auserwählte Boten liefern für ihn diese kostbare Fracht aus, an die, die sie nötig haben. Bald wird Juliette zu einer Botin, und zum ersten Mal haben die Bücher einen wirklichen Einfluss, auch auf ihr Schicksal.
„Er sprach von Büchern, als wären sie lebendig […].“ (S.99)
Ein romantisch klingender Klappentext, doch ist er ebenso wie der Titel irreführend. Juliette liest zwar gerne Bücher und hat auch immer eines dabei, doch kommt sie in der Metro kaum zum Lesen, da sie lieber die lesenden Menschen beobachtet. „Gedankenverloren trommelte sie mit den Fingerspitzen auf den Umschlag ihres eigenen Buchs, sie schlug es nicht sonderlich oft auf, so sehr nahmen ihre Beobachtungen sie gefangen.“ (S. 14) Bücher haben auch nicht wirklich einen Einfluss auf ihr Leben, sondern die Personen, die mit den Büchern zu tun haben.
Juliette hat kein aufregendes Leben. „Übrigens hatte sie ihr Leben niemals wirklich gemocht, eine langweilige Kindheit war in missmutige Teenagerjahre übergegangen […]. " (S.73) Sie arbeitet in einer Immobilienagentur und verbringt ihre Abende zu Hause. Bis sie eines Tages beschließt, zwei Stationen vor der Arbeit auszusteigen und zufällig Soliman und seine verstaubten Büchern begegnet. Kurzerhand beschließt Juliette, ihre Stelle in der Agentur zu kündigen und Solimans Kurier zu werden. Im Endeffekt werden ihre Entscheidungen aber weniger von den Büchern, sondern eher von Soliman beeinflusst. Seine Bücher dienen als Wegbegleiter, doch lösen sie keine Veränderungen bei Juliette aus.
Zwischen Juliette und Soliman besteht eine seltsame Beziehung, die nicht auf einen Punkt zu bringen ist. Sie erinnert an etwas Zerbrechliches, so wie Juliette in ihren Gedanken zerbrechlich wirkt.
Der Schreibstil ist sehr blumig und verliert sich oft in Einzelheiten, um abrupt wieder zum eigentlichen Thema zurückzukehren.
Das Mädchen, das in der Metro las war für mich kein gutes erstes Buch im neuen Jahr. Juliette hat einen guten Sinn für Menschen und deren passende Bücher, konzentriert sich aber lieber auf die nicht so schönen Dinge in ihrem Leben. Sie nimmt erst ihr Leben selbst in die Hand, als sie auf Soliman und sein eingestaubtes Leben trifft, und schiebt ihre Entscheidungen auf den Einfluss der Bücher, obwohl die Menschen auf sie einwirken. Sie ist eine Träumerin, aber nicht auf die schöne, romantische Art. Mit dem abschweifenden Erzähler wirkt das Buch, genau wie Juliette, zerstreut.
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