Titel: Die Träne des Fressers – Weiße Königin
Autor: Nathan C. Marus
Verlag: tredition
Seiten: 460
Taschenbuch
Reihe: Die Träne des Fressers
Klappentext:
„Auf ihrer Seite stand niemand mehr außer ihm, und auf dem anderen Dach zog die weiße Frau gerade ihre verzierte Klinge mit einem vibrierenden Geräusch durch den letzten zusammenbrechenden Angreifer, obwohl dieser sich offensichtlich gerade kniend ergeben hatte. Mehr als ein Dutzend regungsloser, zerteilter Körper umgaben die...Elfe.“
Zensa´ide ist eine unsterbliche Jaidanelfe, die unzählige Schlachten, Siege, aber auch tote
Kameraden gesehen hat und ihr Dasein in der Gesetzlosigkeit fristet, bis sie dem jungen
Menschenmann Spleen begegnet. Völlig überfordert, reißt sie der unerfahrene Knappengehilfe
in ein Abenteuer durch das halbe Universum mit ungeahnten Ausmaßen…
Die Fantasie ist unbegrenzt, nicht jedoch bei Büchern aus dem Genre Fantasy. Dort gibt es immer die gleichen Rassen: Menschen, Elfen, Orks, Zwerge, Feen und deren Abwandlungen. Umso schöner ist es, wenn ein Autor neue, unverbrauchte Rassen erschafft. Wenn die Geschichte darüber hinaus lebhaft und spannend erzählt wird und unvorhergesehene Wendungen hat, ist es ein gutes, unterhaltendes Buch.
Die Träne des Fressers von Nathan C. Marus ist fesselnd, wenn man in die Geschiche hinein gefunden hat. Die Zusammenhänge und Wendungen sind überraschend und die Charaktere bildlich dargestellt.
Am Anfang des Buches schreibt der Autor, wie er (vermutlich) spricht, mit Anmerkungen in Klammern, einem fett gedruckten Wort, um die Betonung zu unterstreichen. Dies wird im Verlauf der Geschichte geordneter. Wenn man darüber hinweg sehen kann, ist es ein aufregendes Buch, anders als zahlreiche Elfenbücher von der Stange, obwohl Elfen ebenfalls vorkommen. Man lernt neue Rassen kennen, bereist unbekannte Welten und durchquert den Weltenbund. Weiße Königin ist der Auftakt einer hoffentlich spannenden Reihe.
„Er schaute über seine Schulter und sah die zerbrechliche Gai. Ailan war nicht hübsch. Sie war zu dünn, hatte ein hartes Gesicht ohne Alter, aber sie hate etwas Graziles, etwas Stolzes in all ihrem Elend, etwas Wildes, etwas Wahnsinniges und gleichzeitig Ruhiges […]. Sie erinnerte ihn an ein gealtertes Kind, das in der Pubertät beschlossen hatte, sich nicht mehr weiter zu entwickeln.“
(S. 227)
Die Gai sind eine allwissende Rasse. Jeder fürchtet sich vor ihrem durchdringenden Blick, der ihnen alles offenbart.
Ailan ist eine Gai, die für den Clamor arbeitet. Sie wurde als Kind von ihrer sterbenden Welt gerettet und lebt und arbeitet seitdem für diese Gesellschaft. Doch Ailan hat ihre eigenen Ziele und unternimmt mit dem Nurmonen Siks eine persönliche Reise. Ihre Einmischungen in das Geschehen wirken willkürlich und fehl am Platz, nicht nur für ihren Begleiter.
„Ich bin eine Verbündete, Splendite!“ (S.146)
Spleen, eigentlich Splendite, ist ein Mensch, der Gehilfe eines Knappen eines Ritters. Er ist zuständig für das Gepäck seines Herren, als sie auf Anaut ankommen. Anaut ist ein Planet, auf dem keine Gesetze gelten, weder für Menschen, noch für die Natur. Die drei sind auf der Suche nach einem Weltentor, um auf die nächste Welt zu reisen, als sie überfallen werden. Es ist ein erbitterter Kampf gegen Orks, den nur Spleen überlebt, dank der Hilfe einer weißen Elfe.
„Du bist jetzt im Auftrag des Königs unterwergs, Splendite! […] Bringt das nach Ksorahar zu … zu … Scheschan.“ (S.36f.)
Splendite ist fast noch ein Kind, hilflos und ängstlich. Er lässt sich leicht beeindrucken, zuerst von seinem Herren und später von der Elfe. Doch wächst er mit seinem Auftrag und über sich hinaus. Er begegnet vielen Wesen, doch nur die Feuerelfe Nani sieht, das er mehr ist, als er auf den ersten Blick scheint.
„SPLENDITE MENSCHENPUPS!“ (S. 176)
Nani ist ein bezaubernder Charakter. Die kleine Feuerfee wirkt wie ein kleines Kind, die einen Narren an Spleen gefressen hat. Mit ihren witzigen Ausrufen lockert sie die gesamte Geschichte auf. Sie ist ein Lichtblick in dieser recht düsteren Geschichte und das Gegenteil von Zen‘saide.
Zen‘saide ist eine schneeweiße Elfe mit vielen Spitznamen: „Der weiße Tod“ S. 66, „kleine Elfe“ (S.328), „Zen“ (S. 89), „Du vertrocknetes Relikt.“ (S.377), um nur einige zu nennen. Vor allem ist sie aber alt, verbittert und unsterblich. Durch einen Zufall ist sie mit Spleen auf dem Weg nach Ksorahar; eigentlich sucht sie verzweifelt eine Möglichkeit, dieses Menschenkind wieder los zu werden. Sie ist sehr ernst, kann kräftig zuhauen und Geheimnisse für sich behalten. Sie ziert zwar das Cover des Buches, ist aber von allen Charakteren der farbloseste. Sie ist in allem perfekt, außer in zwischenmenschlichen Beziehungen. Sie wirkt wie eine abtrünnige Gesetzlose, eine von vielen auf Anaut. Nur ihre Träume machen aus ihr etwas Besonderes und die Anwesenheit von Spleen in ihrem Leben, gibt ihr eine wichtige Aufgabe: Spleen vor dem Bösen zu bewahren.
Zu diesem Bösen gehört der Magier Belazael, mit dem Zen`saide schon am Anfang der Geschichte eine nicht sehr nette Begegnung hat. Welches Ziel dieser Magier wirklich verfolgt, ist nicht ganz klar, doch er nutzt alles, was die Götter ihm zur Verfügung stellen. So auch Cerce, eine Priesterin Nochors. Dieses Geschöpf ist eine weitere Rasse, die nicht zum Standard gehört. Cerce ist das widerlichste Wesen in diesem Buch, ein faulender Charakter, voller Geheimnisse und ihrer eigenen toten Magie. Dadurch ist sie vielfach spannender als Belazael, der sich durch die Geschichte treiben lässt. Cerce dagegen scheint ein Motiv zu haben, ein Ziel zu verfolgen und alles dafür zu tun, um es zu erreichen. Selbst wenn dazu gehört, sich mit Belazael zu verbünden.
Durch die zahlreichen Charaktere und ihre anfangs unabhägigen Erzählstränge bleibt die Spannung durchweg erhalten. Es ist nicht von vornherein abzusehen, worauf die Geschichte hinaus will. Was genau die Träne des Fressers ist, ist lange Zeit ungewiss. Der Abschluss der Reisen gipfelt in einem Ende, welches blutig, traurig und gruselig zugleich ist.
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