Titel: Chasing Sunrise - Morgendämmerung (Band 1)
Autor: Emily Mah
Übersetzer: Michael Drecker
Seiten: 226
eBook
Reihe
„Du bist alt genug, um selbst auf dich aufzupassen, und reich genug, um dich aus den meisten Schwierigkeiten herauszukaufen. Ich wünsche dir nur das Beste. Aber du musst mich nicht auf dem Laufenden halten. […] Sei nicht beleidigt, ja? Ich liebe dich. Du bist alles, was ich noch an Familie habe. Aber ich darf die Unvernünftige von uns beiden sein. Das darfst du mir nicht wegnehmen. Mir ist egal, dass du der Teenager bist, ich behalte mir das Recht vor, weil ich schon viel länger verantwortungslos bin als du. Verstanden?“ (S.44)
Lianna ist vor den Mördern ihres Vaters zu ihrer Tante Cassie nach Taos, New Mexico, geflohen. Die Polizei hat ihr geraten, unter dem Radar zu bleiben, weswegen sie von New York quer durch das Land mit dem Bus gefahren ist. Zum ersten Mal in ihrem Leben besucht sie eine öffentliche Schule. Sie bezeichnet sich selbst als Streberin und hatte an dem Internat, das sie bis vor kurzem noch besucht hatte, keine Freunde, weil sie die meiste Zeit mit Lernen in der Bibliothek verbracht hat. Die High School ist für Lianna ein Erlebnis, sie kommt sich vor wie in einem typischen Teenagerfilm; bis sie mit dem Rücken zur Wand steht und von einem blonden, gar nicht nach New Mexico passenden, Schönling bedroht wird. Denn Corban, der sich als Vampirjäger vorstellt, hat in Lianna sofort gesehen, was sie zu unterdrücken hofft: Sie ist ein Vampir, noch nicht ganz gewandelt, aber ihre Tage sind gezählt. Wer eine kitschige Liebesgeschichte erwartet, wird (zum Glück) enttäuscht.
Lianna ist kein typisches Mädchen, dass sich von einem Vampir wandeln lässt und alles aufregend findet. Sie ist intelligent und weiß oft auf eine sehr rationale Art und Weise, dass sie sich manchmal von ihren Gefühlen überwältigen lässt. Sie ist neugierig und analytisch, sagt was sie denkt und ist immer aufrichtig. Obwohl sie behütet in einem Internat aufgewachsen ist, ist sie nicht verwöhnt oder hilflos; nur die Interaktion mit anderen Menschen bereitet ihr Probleme. Dass sie dabei ist, sich in einen Vampir zu verwandeln, macht ihre Gesamtsituation nicht leichter. Sie ist dankbar für jeden weiteren Sonnenaufgang, der ihr auf der Haut brennt und zeigt, dass sie immer noch mehr Mensch als Vampir ist.
Chasing Sunrise ist der Kampf eines Teenagers mit seinen Gefühlen: der Mord am Vater, die bisher unbekannte Tante, die neue Schule, neue Freunde, und ein völlig anderer Staat. Das alles ist ein Schock für Lianna und sie versucht, die letzten Tage als Mensch zu genießen. Und wider Erwarten hilft Corban ihr dabei, denn er ist der einzige der weiß, was ihr bevor steht.
Lianna ist mit ihrer direkten Art sehr sympathisch. Ihre Fragen sind manchmal etwas bizarr, insbesonders wenn es um die Lebensweise der Ureinwohner in New Mexico geht. Für das Setting ist es passend, hat aber keinen Mehrwert für die Geschichte. Die ersten Tage an der neuen Schule sind mit vielen Informationen gefüllt, aber die Zeit, die Lianna mit ihren neuen Freundinnen verbringt, ist Füllmaterial und dient wiederholt zur Untermalung ihres Charakters.
Auf den letzten hundert Seiten geht es dann richtig zur Sache: Liannas Leben wird bedroht und zusammen mit Corban begibt sie sich auf die Jagd. Das Finale ist aufregend, aber viel zu schnell vorbei. Es weckt Neugierde auf den nächsten Teil, denn die Geschichte hinterlässt offene Fragen.
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